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NEWSLETTER 2 / 2011
von Lukas Metzler und Markus Schmuki
INHALTSVERZEICHNIS
- Neuerungen im Bauhandwerkerpfandrecht
- Vertragliche Wegbedingung der Haftung
- Abkommen über die Erweiterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Steuerbereich zwischen der Schweiz und Deutschland
- Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer
NEUERUNGEN IM BAUHANDWERKERPFANDRECHT
von Christoph Locher
BAUHANDWERKERPFANDRECHT FLUCH ODER SEGEN?
Nach Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 des Zivilgesetzbuches (ZGB) haben Handwerker, die zu Bauten oder anderen Werken auf einem Grundstück Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben, für ihre Forderungen ein Pfandrecht an diesem Grundstück und zwar sowohl dann wenn der Grundeigentümer als auch wenn ein Dritter ihr Schuldner ist. Der gesetzgeberische Gedanke hinter dieser Regelung ist der, dass der Handwerker mit seiner Handwerksarbeit einen Mehrwert auf dem Grundstück schafft und deshalb das Grundstück zu Pfande soll nehmen können, wenn er für seinen Werklohn nicht bezahlt wird. Ob das ein Fluch oder ein Segen ist, hängt von der Warte des Betrachters ab. Für den Handwerker ist das Pfandrecht oft ein willkommenes Druckmittel, insbesondere wenn er seinen Vertrag nicht mit dem Grundeigentümer hat. Für den Grundeigentümer ist das Pfandrecht dann ein Fluch, wenn er seinem Vertragspartner den Werklohn korrekt bezahlt und dann gleichwohl mit einem Pfandrecht behelligt wird, weil der Vertragspartner seinen Subunternehmer nicht bezahlt hat.
GESETZESREVISION PER 1. JANUAR 2012
Vermutlich auf den 1. Januar 2012 treten mit Bezug auf das Bauhandwerkerpfandrecht ein paar Änderungen in Kraft. Der Bundesrat stellte im Rahmen der Vernehmlassung auch die Frage, ob das Pfandrecht nur noch dem Unternehmer zuzugestehen sei, der Vertragspartner des Grundeigentümers ist (so wie dies etwa in Deutschland gilt). Diesem Ansinnen erwuchs aber heftige Kritik, so dass entsprechende Bestimmungen nicht in den Gesetzestext einflossen, der dem Parlament vorgelegt wurde. Und letztlich hat auch das Parlament hier keine Änderung beschlossen. Die Lobby der Handwerker hat sich durchgesetzt. Die Subunternehmer können auch weiterhin ihr Pfandrecht eintragen.
Geändert wurden Bestimmungen in vier Bereichen:
Der Katalog der pfandberechtigten Arbeiten wurde vergrössert: Neu sind auch Abbrucharbeiten, der Gerüstbau und die Arbeiten der Baugrubensicherung pfandberechtigt. Solche Arbeiten sind für zahlreiche Bauvorhaben unabdingbar, auch wenn damit nicht direkt ein Mehrwert geschaffen wird. Daher sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers gleich behandelt werden, wie etwa Maurerarbeiten, die konkret Neues schaffen.
Das Parlament sah sich sodann veranlasst, den Kreis der berechtigten Handwerker deutlicher zu umschreiben: Pfandberechtigt ist der Handwerker, der den Grundeigentümer, einen anderen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter oder Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner hat. Immerhin wurde mit Bezug auf das Pfandrecht des Handwerkers, der einen Mieter oder Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner hat, der Pfandrechtsanspruch auf jene Fälle beschränkt, wo der Grundeigentümer die Zustimmung zu den Arbeiten erteilt hat. Wenn also z.B. ein Mieter Arbeiten in Auftrag gibt, kann der Handwerker das Pfandrecht nur noch legen lassen, wenn der Grundeigentümer den Arbeiten zugestimmt hat. Für den Grundeigentümer ist das eine Erleichterung, denn er kann die Zustimmung an Bedingungen knüpfen, so etwa dass der bauende Mieter eine Sicherheit leistet, mit der allfällige Pfandrechte abgelöst werden können. Für den Handwerker bedeutet das eine Verschlechterung seiner Position, der er nur dadurch entgegenwirken kann, dass er sich vom (Auftrag gebenden) Mieter die Zustimmung des Grundeigentümers nachweisen lässt. Baut ein Mieter ohne Zustimmung des Grundeigentümers (was er mietrechtlich so oder so nicht tun dürfte), so riskiert der Grundeigentümer neu wenigstens nicht auch noch ein Pfandrecht der Handwerker.
Die dritte Änderung, die erst das Parlament eingefügt hat, verbessert die Stellung des Handwerkers. Neu hat er ab Vollendung seiner Arbeiten vier Monate (bisher drei Monate) Zeit, um das Pfandrecht im Grundbuch eintragen zu lassen.
Schliesslich wurde eine Bestimmung in das Gesetz eingefügt, die dem Handwerker gegenüber dem öffentlichen Bauherrn ein Druckmittel in die Hand gibt. Gehört nämlich das Grundstück, auf dem der Handwerker baut, zum Verwaltungsvermögen, so kann der Handwerker kein Pfandrecht eintragen lassen. Man will damit verhindern, dass Grundstücke, die das Gemeinwesen für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt, verwertet werden können. Für den Fall, dass ein Handwerker nicht im Auftrage des Gemeinwesens (sondern etwa im Auftrage eines Generalunternehmers) an einem solchen Grundstück baut, haftet das Gemeinwesen dem Handwerker für seinen Werklohn als einfacher Bürge, sofern der Handwerker seine Forderung spätestens vier Monate nach Vollendung seiner Arbeiten gegenüber dem Gemeinwesen schriftlich unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft geltend macht. Damit wird die Rechtsposition des Subunternehmers bei Bauten an öffentlichen Gebäuden deutlich verbessert (und jene des Gemeinwesens im gleichen Umfang verschlechtert). Das Gemeinwesen trägt somit das Risiko, dass sein Vertragspartner die Subunternehmer nicht bezahlt. Zudem ist für die Geltendmachung dieses Anspruches nicht einmal ein gerichtliches Verfahren nötig, sondern es genügt eine schriftliche Anzeige an das Gemeinwesen. Es wird sich zeigen, wie der öffentliche Bauherr mit dieser neuen Herausforderung umgehen wird.
Insgesamt darf man wohl festhalten, dass durch die Gesetzesrevision die Stellung des Handwerkers deutlich verbessert worden ist. Der Grundeigentümer, der nicht in einem direkten Vertragsverhältnis mit dem Handwerker steht, ist also weiterhin gefordert. Es liegt an ihm, seinen Vertragspartner ‚an die Kandare' zu nehmen, um zu verhindern, dass er den Werklohn oder Teile davon zweimal bezahlen muss.
VERTRAGLICHE WEGBEDINGUNG DER HAFTUNG
von Remo Stutz
SCHADENSBEISPIEL UND EINLEITUNG
Die Firma Produktions AG hat für die Instandhaltung ihrer PCs einen Supportvertrag mit der Support AG geschlossen. Im Rahmen der vereinbarten Supportleistungen unterläuft dem Geschäftsführer der Support AG ein Fehler: Er installiert versehentlich einen Virus, welcher die PCs der Produktions AG lahm legt. Da die Produktions AG ihre PCs während zwei ganzen Arbeitstagen nicht gebrauchen kann und zusätzlich Daten verloren gegangen sind, ist ihr ein Schaden von rund CHF 5'000.00 entstanden. Die Produktions AG tritt deshalb an die Support AG und fordert diese auf, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies ist durchaus legitim, denn wer einem anderen schuldhaft einen Schaden verursacht, hat dafür grundsätzlich gerade zu stehen. Der Geschäftsführer der Support AG zückt jedoch den Supportvertrag hervor und verweist auf dessen Klausel 4.1, welche bestimmt, dass die Haftung der Support AG für im Rahmen des Supportvertrages entstehende Schäden auf maximal CHF 1'000.00 limitiert ist. Obwohl der ihr entstandene Schaden bedeutend grösser ist, scheint die Produktions AG von der Support AG höchstens CHF 1'000.00 eintreiben zu können... oder doch mehr?
Die Frage, wer beim Eintritt eines Schadens haftet, ist bei den Vertragsverhandlungen oder ansonsten spätestens beim tatsächlichen Eintritt eines Schadens jeweils ein intensiv diskutiertes Thema. Grundsätzlich wäre die Frage der Haftung im Gesetz ausreichend geregelt. Das Gesetz lässt den Parteien aber Spielraum, um von der gesetzlichen Haftungsordnung abzuweichen, das heisst, die gesetzlich vorgesehene Haftung zu verschärfen, zu beschränken oder gar auszuschliessen. Wie im einleitenden Beispiel versucht die eine oder andere Partei in der Praxis oft, Klauseln in die Verträge einfliessen zu lassen, welche ihre Haftung reduzieren (sogenannte Haftungsbeschränkungsklauseln). Es ist aber zu beachten, dass nicht jede Haftungsbeschränkung, welche in den Vertrag aufgenommen wird, tatsächlich eine Wirkung hat, denn gewisse Bestimmungen der gesetzlichen Haftungsordnung sind unabänderlich. Diese kurze Abhandlung soll die Leser betreffend die Haftungsbeschränkungsklauseln sensibilisieren.
VOM GESETZ GESETZTE GRENZEN
Vorsätzliche oder grobfahrlässige Schadenszufügung
Die wichtigste gesetzliche Bestimmung betreffend die Haftungsbeschränkungsklauseln findet sich in Art. 100 Abs. 1 OR. Danach kann die Haftung für absichtlich oder grob fahrlässig zugefügten Schaden vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Grob fahrlässig ist ein Verhalten, das gegen die elementarsten Vorsichtsgebote verstösst, deren Beachtung jedem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen (BGE 88 II 434). Im Umkehrschluss ist Art. 100 Abs. 1 OR zu entnehmen, dass die Haftung für leichte oder mittlere Fahrlässigkeit grundsätzlich durch einen Vertrag ausgeschlossen werden kann.
Auch eine Beschränkung der Haftung ist nicht zulässig
Die Lehre und die Rechtsprechung sind sich einig, dass für vorsätzliche oder grobfahrlässige Schadenszufügung nicht nur der vollständige Haftungsausschluss, sondern auch jegliche Haftungsbeschränkung unzulässig ist. Nachfolgend finden sich ein paar Beispiele solcher Haftungsbeschränkungen, die bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Schadenszufügung wirkungslos sind:
- Vereinbarung, dass die Haftung auf eine bestimmte Summe (z.B. den Wert der Gegenleistung) beschränkt ist;
- Vereinbarung, dass die Haftung für den mittelbaren Schaden ausgeschlossen ist;
- Vereinbarung, dass die Haftung für entgangenen Gewinn ausgeschlossen ist;
- Vereinbarung, dass die Haftung auf den Sachschaden beschränkt ist;
- Vereinbarung einer Schadenspauschalierung von vornherein;
- Vereinbarung einer kürzeren Verjährungsdauer als gemäss Gesetz;
- Vereinbarung einer kürzeren Rügefrist als gemäss Gesetz;
- Umstritten: Vereinbarung, dass die Beweislast für das Verschulden umgekehrt wird.
Wenn wir auf unseren Beispielfall zurückkommen, können wir einstweilen festhalten, dass die Limitierung der Haftung auf CHF 1'000.00 wirkungslos ist, wenn der Geschäftsführer der Support AG den Virus grobfahrlässig installiert hat. Diesfalls haftet die Support AG unbeschränkt.
Auch bei mittlerer und leichter Fahrlässigkeit bestehen Grenzen
Angenommen, man kommt in unserem Fallbeispiel zum Schluss, dass dem Geschäftsführer der Support AG nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, schliesst Art. 100 OR wie erwähnt eine Haftungsbeschränkung nicht aus. Dennoch ist diesfalls genau zu prüfen, ob die Haftungsbeschränkung gültig ist. Selbst für mittlere und leichte Fahrlässigkeit ist eine Haftungsbeschränkung nämlich u.a. in den folgenden Fällen i.d.R. ungültig:
- bei Körperschäden;
- wenn der eingetretene Schaden ausserhalb des Vorstellungsbereiches der Parteien bei Abschluss der Vereinbarung liegt;
- wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betrieb eines obrigkeitlich konzessionierten Gewerbes erfolgt (z.B. Bahn, Post, Luftseilbahn, Banken, evtl. auch Ärzte, Notare, Rechtsanwälte, Gastwirte, Apotheker);
- wenn die Haftungsbeschränkung der Natur des Geschäfts widerspricht. Wann dies genau der Fall ist, ist in der Lehre umstritten. Wohl dürfte eine Haftungsbeschränkung bei Dienstleistungsberufen oftmals der Natur des Geschäfts widersprechen, da die begriffsnotwendig aufzuwendende Sorgfalt, deren Einhaltung zum Wesen des jeweiligen Vertrages gehört, durch eine Haftungsbeschränkung eingeschränkt würde (z.B. kann deshalb ein Anwalt seine Haftung nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz begrenzen). Gewisse Autoren sind gar der Ansicht, im Auftragsrecht sei ein Haftungsausschluss überhaupt nicht möglich, da der Auftrag gerade die getreue und sorgfältige Ausführung zum Vertragsinhalt habe. Das Bundesgericht hat diese Frage zuletzt offen gelassen.
In unserem Fallbeispiel dürften die ersten drei der aufgezählten (Ungültigkeits-) Fälle nicht greifen. Allenfalls widerspricht die Haftungsbeschränkung aber der Natur des vorliegenden Supportvertrages und ist deshalb ungültig. Dies dürfte dann der Fall sein, wenn ein Gericht zur Auffassung gelangt, dass mit der Haftungsbeschränkung, die bei diesem Supportvertrag notwendigerweise aufzuwendende Sorgfalt, deren Einhaltung zum Wesen des Supportvertrages gehört, eingeschränkt wird. Falls ein Gericht bei dieser Prüfung jedoch zum Schluss gelangt, dass die Haftungsbeschränkung der Natur des Supportvertrages nicht widerspricht, wäre die Limitierung der Haftung der Support AG auf CHF 1'000.00 bei leichter und mittlerer Fahrlässigkeit gültig und verbindlich. Das heisst, die Support AG würde nur mit CHF 1'000.00 haften, obwohl der Schaden der Produktions AG bedeutend grösser ist.
Haftungsausschluss betreffend Hilfspersonen
In unserem Fallbeispiel macht der Geschäftsführer der Support AG plötzlich geltend, nicht er, sondern ein von der Support AG beigezogener Subunternehmer habe den Virus installiert.
Würde dies zutreffen, hätte dies auch einen Einfluss auf die Haftungsbeschränkung. Die vorgenannten Bestimmungen regeln nämlich die Haftung für eigenes Verschulden der Vertragsparteien. Werden aber zur Erfüllung eines Vertrages Hilfspersonen (Erfüllungsgehilfen) beigezogen, kann die Haftung für diese Erfüllungsgehilfen selbst für Absicht oder grobe Fahrlässigkeit wegbedungen werden (Art. 101 Abs. 2 OR), soweit die Erfüllungsgehilfen nicht Arbeitnehmer der Vertragsparteien sind und soweit nicht ein obrigkeitlich konzessioniertes Gewerbe betroffen ist (Art. 101 Abs. 3 OR). Die Frage, ob ein Haftungsausschluss für Hilfspersonen zulässig ist, falls ein solcher für die Vertragspartei selber der Natur des Geschäftes widersprechen würde, wird vorliegend nicht behandelt und anstelle dessen davon ausgegangen, dass vorliegend der Haftungsausschluss der Natur des Geschäftes (EDV-Supportvertrag) nicht widerspricht.
Ob eine Haftungsausschlussklausel auch das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen mitumfasst, obwohl diese nicht ausdrücklich erwähnt sind, ist durch Auslegung zu ermitteln. In der Regel kann jedoch angenommen werden, dass durch die Haftungsbeschränkungsklausel auch das Einstehenmüssen für das Verhalten von Hilfspersonen beschränkt ist.
Die Folge daraus wäre, dass die Support AG vorliegend für den Schaden der Produktions AG wohl selbst dann nur im Umfang von CHF 1'000.00 haften würde, wenn ihr Subunternehmer den Schaden grobfahrlässig oder gar absichtlich herbeigeführt hätte (vorbehalten bleibt allerdings, dass die Support AG bei der Auswahl, Instruktion oder Überwachung des Subunternehmers die gebotene Sorgfalt aufgebracht hat).
Weitere Einschränkungen
Nebst den Einschränkungen gemäss Art. 100 und 101 OR lassen sich auch in diversen Spezialgesetzen und internationalen Abkommen weitere Regelungen zur Haftungsbeschränkung finden. Befinden sich die Bestimmungen zur Haftungsbeschränkung in den AGBs oder in Standardverträgen, greifen zudem die für die AGBs geltenden Geltungs- und Inhaltsschranken. Darauf wird hier nicht weiter eingegangen.
WIRKUNG EINES ZU WEIT GEHENDEN HAFTUNGSAUSSCHLUSSES
Ist vertraglich ein Haftungsausschluss vereinbart, der über das gesetzlich erlaubte Mass hinaus geht, wird der Ausschluss im Streitfall von einem Gericht auf das gesetzlich erlaubte Mass reduziert. Ungültig ist der Haftungsausschluss somit nur in dem Umfange, als er das erlaubte Verschuldensmass übersteigt. Im Beispielfall etwa ist der Ausschluss der Haftung für Grobfahrlässigkeit und Vorsatz des Geschäftsführers der Support AG unzulässig. Ein Gericht reduziert die im Supportvertrag stipulierte Haftungsausschlussklausel deshalb darauf, dass die Haftung für leichte und mittlere Fahrlässigkeit auf CHF 1'000.00 reduziert ist.
Die Folge dieser Praxis ist, dass man sich durch zu weit gehende Haftungsausschlussklauseln eigentlich nichts verschenkt. Aus diesem Grund und in der Hoffnung, dass die Gegenseite die gesetzlichen Schranken des Haftungsausschlusses nicht kennt, kann es durchaus Sinn machen, auch mal zu weit gehende Haftungsbeschränkungen in einen Vertrag aufzunehmen. Vorsicht ist aber geboten, wenn ein Vertrag nicht dem Schweizer Recht unterstellt wird. In einigen Ländern werden zu weit gehende Haftungsbeschränkungsklauseln nicht auf das Zulässige reduziert, sondern fallen ganz aus dem Vertrag.
FAZIT
Aus den vorstehenden Ausführungen kann die Erkenntnis gezogen werden, dass, unabhängig davon, auf welcher Vertragsseite man steht, es wichtig ist, bei der Vertragsverhandlung den Haftungsbestimmungen stets ausreichend Beachtung zu schenken. Insbesondere soll man sich von der Gegenseite nicht irgendwelche Haftungsklauseln oder Haftungsausschlussklauseln aufzwingen lassen, deren Bedeutung und Folgen man nicht kennt.
Man muss sich im Weiteren bewusst sein, dass ein Haftungsausschluss nicht in jedem Falle möglich ist. Haftungsausschlussklauseln zugunsten der Gegenseite in bestehenden Verträgen sind deshalb kritisch zu hinterfragen. Umgekehrt sollte man sich bei „riskanten Geschäften" nicht blindlings darauf verlassen, dass ein allenfalls vereinbarter (vertraglicher) Haftungsausschluss im Schadensfall greift. Besser ist es diesfalls, bereits bei den vertraglichen Pflichten Einschränkungen zu machen. Alsdann soll vor Vertragsschluss stets geprüft werden, ob und in welchem Umfang eine Haftpflichtversicherung für einen allenfalls verursachten Schaden aufkommt.
Schliesslich sollen die Haftungsausschlussklauseln (wie im Übrigen natürlich der gesamte Vertrag) stets klar formuliert sein und soweit relevant auch die Hilfspersonen und die ausservertragliche Haftung ausdrücklich aufnehmen. Bei Unsicherheiten ist es sicherlich ratsam, bereits für die Vertragsgestaltung eine Fachperson beizuziehen, dies umso mehr, als die in der Praxis auftretenden Schäden oft bedeutend grösser sind, als der im Beispielfall geschilderte.
ABKOMMEN ÜBER DIE ERWEITERUNG DER GRENZÜBERSCHREITENDEN ZUSAMMENARBEIT IM STEUERBEREICH ZWISCHEN DER SCHWEIZ UND DEUTSCHLAND
von Christof Schäfli
Am 21. September 2011 wurde das Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland unterzeichnet, welches die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Steuersachen auf eine neue vertragliche Grundlage stellt. Derzeit ist noch nicht gewährleistet, dass das Abkommen in dieser Form letztendlich von den Parlamenten der beiden involvierten Staaten auch genehmigt wird. Insbesondere aus deutscher, teilweise auch aus europäischer Sicht werden gewisse Bedenken angemeldet.
Durch das Abkommen sollen im Wesentlichen die folgenden Probleme einer Lösung zugeführt werden:
- Strafbefreiung für deutsche Steuersünder sowie gleichzeitige Strafbefreiung der involvierten Personen bei Schweizer Banken und Vermögensverwaltern, die allenfalls Gehilfenschaft zu deutschen Steuerstraftaten geleistet haben;
- Erweiterung der Amtshilfebestimmungen in Steuersachen;
- Verbesserung des Marktzuganges von Schweizer Banken zum deutschen Markt.
Vorgesehen ist eine Regulierung der Vergangenheit durch Einmalzahlungen derjenigen Personen mit Ansässigkeit in Deutschland, die in der Schweiz Konten (mit bankable assets wie Geldkonti, Wertschriftendepots etc.) unterhalten. Keine Rolle spielt es dabei grundsätzlich, ob die Konten über Stiftungen (beispielsweise aus Panama oder Liechtenstein) oder Domizilgesellschaften gehalten werden, welche nicht effektiv besteuert werden. Die letztgenannten Fälle werden behandelt wie ein direkt gehaltenes Konto.
Dem Kunden stehen dabei zwei Wahlmöglichkeiten offen. Er kann sich für eine Einmalzahlung oder für eine freiwillige Meldung entscheiden. Bei einer solchen Meldung kann in Deutschland eine Behandlung wie bei einer Selbstanzeige erreicht werden. Die Anonymität geht dabei natürlich verloren. Bei einer Einmalzahlung erhebt die Bank als Zahlstelle einen gewissen Anteil des Vermögens des Kunden (Differenz zwischen dem Vermögensstand per 31. Dezember 2002 und dem Bestand per 31. Dezember 2010 bzw. 31. Dezember 2012). Die maximale Steuerbelastung auf der genannten Differenz beläuft sich auf zwischen 19 % bis 34 %, wobei aufgrund von Bankenberechnungen in der Mehrheit von durchschnittlichen Belastungen von 20 % bis 25 % auszugehen sein wird. Aufgrund von Erfahrungen, welche bei Selbstanzeigen gemacht wurden, ist davon auszugehen, dass die Belastung bei einer Selbstanzeige regelmässig tiefer ausfallen dürfte, als was mit der pauschalen Nachbesteuerung zu erwarten ist (es ist aufgrund von Erfahrungswerten von 10 % bis 15 % des Vermögens auszugehen). Es hat dabei aber stets eine Einzelfallanalyse zu erfolgen, um abschliessend beurteilen zu können, welche Variante (Selbstanzeige oder Einmalzahlung) günstiger ist. Zumindest dann, wenn das Vermögen einen gewissen Umfang hat, wird sich ein solcher Vergleich lohnen. Zu berücksichtigen sein wird weiter insbesondere, ob das Vermögen zwischenzeitlich übertragen worden ist (Schenkung oder Erbschaft). Die darauf erhobenen Steuern gelten nämlich ebenfalls als abgegolten, sodass in einem solchen Fall die Einmalzahlung günstiger sein kann. In jedem Fall geht natürlich bei einer Selbstanzeige die Anonymität verloren. Der schon bisher steuerehrliche Kunde aus Deutschland muss ebenfalls reagieren. Er wird sich für eine freiwillige Meldung entscheiden, weil die Angaben ja bereits in Deutschland vorhanden sind.
Ab 01. Januar 2013 (Ratifizierung des Abkommens vorausgesetzt), also in Zukunft, erfolgt bei Kunden, welche in Deutschland ansässig sind, entweder eine Quellenbesteuerung zu deutschen Abgeltungssteuersätzen (wobei eine Doppelbesteuerung weitgehend vermieden wird, zumindest was die Verrechnungssteuer, die deutsche Kapitalertragssteuer und die EU- Zinsbesteuerung anbelangt) oder eine Meldung nach Deutschland. Auch hier kann sich der Kunde für die freiwillige Meldung entscheiden. Was der Abgeltungssteuer unterliegt, gilt in Deutschland inskünftig als korrekt versteuert. Die Anonymität bleibt gewahrt. Allerdings sind allfällige erbrechtliche oder schenkungsweise Übertragungen zu melden und steuerlich abzurechnen.
Ein Kunde kann sich natürlich überlegen, seine Werte alternativ in einen Lebensversicherungsmantel einzubringen oder eine Bank im Drittausland zu suchen. Beide Vorgehensweisen führen jedoch nicht zu einer Lösung der steuerlichen Vergangenheit. Allfälliges Schwarzgeld bleibt Schwarzgeld und zieht steuerstrafrechtliche Konsequenzen im Entdeckungsfall nach sich. Nicht zu übersehen ist dabei, dass in Deutschland auch unbedingte Freiheitsstrafen für Steuerhinterziehungsdelikte ausgesprochen werden. Bei Lebensversicherungsmänteln ist erforderlich, dass die Steuerkonformität der Lebensversicherung mit deutschem Recht durch den Versicherer bestätigt wird. In diesem Fall kann der Kunde erreichen, dass die Einmalzahlung und auch die nachfolgende Quellensteuer entfallen, indem er die Verjährung abwartet. Nach rund 12 Jahren kann er in der Folge die Lebensversicherung auflösen und zu den geltenden (Vorzugs-)Steuerbestimmungen versteuern. Vor Ablauf der Verjährung muss er jedoch im Entdeckungsfall mit einem Strafverfahren rechnen, sodass dieses Vorgehen nicht empfohlen werden kann.
Nicht empfehlenswert ist die Flucht in Drittländer. Die Banken werden nämlich in Zusammenarbeit mit der EStV die Beträge, die in die zehn grössten Zielländer übertragen werden (ohne Namensnennung) an die deutschen Steuerbehörden melden. Es bleibt dann Deutschland überlassen, gestützt auf die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen gegenüber diesen Ländern vorzugehen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass ein nicht zu unterschätzendes Risiko besteht, dass die deutschen Steuerbehörden auf diesem Weg an die entsprechenden Informationen gelangen.
Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass nicht nur die Banken und deren in Deutschland ansässige Kunden von den Änderungen im Doppelbesteuerungsabkommen betroffen sind. Aufgrund der Erweiterung der Amtshilfe auch auf Vollzug von deutschem Steuerrecht werden auch zahlreiche Schweizer Kapitalgesellschaften, die in deutschem Eigentum sind oder eng mit deutschen Gesellschaften oder natürlichen Personen zusammenarbeiten, betroffen sein. Die erweiterte Amtshilfe tritt am 01. Januar 2013 in Kraft. Es empfiehlt sich daher, bestehende Beziehungen bezüglich der steuerlichen Robustheit zu überprüfen.
EINFÜHRUNG EINER NATIONALEN ERBSCHAFTSSTEUER
von Christof Schäfli
Einige Wellen geworfen hat die Initiative „Millionen Erbschaften besteuern für unsere AHV". Insbesondere die Bestimmung, welche Schenkungen unter gewissen Voraussetzungen rückwirkend ab dem 01. Januar 2012 besteuern möchte, hat für eine gewisse Unruhe gesorgt, weil diese Bestimmung als rückwirkende Rechtsanwendung erlebt wird. Die Initiative wird nämlich per 01. Januar 2012 keinesfalls bereits angenommen worden sein. Es bleibt einem späteren Beitrag vorbehalten, sich mit den zahlreichen Schwächen der Initiative auseinandersetzen. Vorweggeschickt werden kann jedoch schon heute, dass diese die Zustimmung von Volk und Ständen nicht verdient. Als kleine offene Volkswirtschaft ist die Schweiz darauf angewiesen, eine finanzkräftige Kundschaft anzuziehen und nicht, diese zu vertreiben. Ich würde mir etwas Pragmatismus neben aller Ideologie wünschen. Ich meine, die Schweiz sei damit bisher nicht schlecht gefahren.
Es stellt sich die Frage, ob heute schon Vorkehrungen getroffen werden können bezüglich einer allfälligen Annahme der Initiative?
Aufgrund der Übergangbestimmungen ist erkennbar, dass Massnahmen noch vor Ende Jahr getroffen werden müssten. Da noch keine Ausführungsgesetzgebung vorliegt, muss bezüglich sämtlicher Massnahmen insoweit ein Vorbehalt angebracht werden.
Offensichtlich am einfachsten ist eine Übertragung von Vermögenswerten auf künftige Erben zum heutigen Zeitpunkt (falls die Steuer effektiv zu höheren Belastungen führen könnte, was keinesfalls stets der Fall sein muss, da in einigen Kantonen Nichtverwandte heute deutlich höhere Steuern zahlen müssen, als In der Initiative vorgesehen). In diesem Fall unterbleibt gemäss Initiativtext eine künftige Hinzurechnung der Schenkungen im Nachlass.
Eine Variante kann die Schenkung unter Nutzniessungsvorbehalt sein. In diesem Fall behält sich ein Schenker die (lebenslängliche) Nutzniessung am Vermögen vor. Nach den heute geltenden Grundsätzen führt der Wegfall der Nutzniessung (welche mit dem Tod der nutzniessungsberechtigten Person eintritt) nicht zu einem erbschafts- oder schenkungssteuerlich relevanten Zufluss (im Gegensatz zum Nutzniessungsverzicht, das eine Schenkung sein kann). Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, dass ein künftiger Erblasser nicht schon heute seine wirtschaftliche Basis schwächen muss, ohne seine künftigen Bedürfnisse zu kennen. Zudem bleibt der Nutzniesser für Einkommens- und Vermögenssteuerzwecke steuerpflichtig, sodass keine laufenden Belastungen bei den Beschenkten entstehen. Bei Liegenschaften kann statt einer Nutzniessung unter Umständen auch ein lebenslängliches Wohnrecht vereinbart werden, was Vorteile bei den Sozialversicherungen bieten kann.
Sollten alle Stricke reissen, so sind zu einem späteren Zeitpunkt Wohnsitzwechsel ins Auge zu fassen. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer befindet sich nämlich europaweit auf dem Rückzug, sodass sich lebenswerte Alternativen zur Schweiz finden lassen.